I. Einführung
In letzter Zeit sind einige Bücher geschrieben worden, die versuchen, zwei Themen des Neuen Testaments in Einklang zu bringen: das Gericht nach den Werken und die Rechtfertigung durch den Glauben.
Manchmal sind die gegebenen Erklärungen schwer zu verstehen. Einige Autoren scheinen der Meinung zu sein, dass die Rechtfertigung durch den Glauben unabhängig von den Werken erfolgt, während die endgültige Errettung durch den Glauben und die Werke erfolgt.
Judith Gundry Volf schreibt zum Beispiel:
Die Gewissheit von Paulus, dass Gott seine Absicht, die Christen vollständig und endgültig zu retten, treu erfüllen wird, bedeutet jedoch nicht, dass er diesen Prozess als „automatisch“ ansieht. Die Gegenwart ist von der eschatologischen Spannung geprägt. Sowohl die Realität des Heils als auch die Macht des Bösen warten auf die Vollendung ihres Heils, während sie in der Gegenwart Prüfungen und Bedrängnisse erleiden. Die Unterwerfung unter die antagonistischen Kräfte, die in solchen Bedrängnissen am Werk sind, kann sogar ihr Heil bedrohen. Außerdem müssen sie noch vor dem Richterstuhl erscheinen, wo sich ihr endgültiges Schicksal offenbaren wird. Werden sie am Ende angeklagt und verurteilt werden?
Gerade im Zusammenhang mit diesen Gefahren bekräftigt Paulus die Gewissheit des endgültigen Heils der Christen… Die Christen sind mehr als Überwinder in den Bedrängnissen und werden unversehrt durch das Endgericht gehen (Röm. 8,28-39).1
Dies ist verwirrend. Wie ist es möglich, dass Paulus „die Gewissheit des endgültigen Heils der Christen“ bekräftigt und gleichzeitig behauptet, dass die Christen ein endgültiges Gericht erwarten, in dem sie vielleicht „am Ende“ doch „verurteilt werden“ [bezüglich ihres ewigen Schicksals]?
Das Problem besteht darin, dass die Unterscheidung zwischen ewigem Heil und ewiger Belohnung nicht erkannt wird. Dies ist ein heute weit verbreiteter Zustand. Blomberg, der der Meinung ist, dass es keinen Unterschied zwischen ewiger Belohnung und ewigem Heil gibt, schreibt über fünf Bibelstellen, in denen es um die Möglichkeit geht, Kronen zu erhalten (1 Kor 9,25; 1 Thess 2,19; 2 Tim 4,8; Jakobus 1,12; 1 Petr 5,4):
Die Mehrheit der Ausleger ist sich in jedem dieser fünf Fälle einig, dass es in unseren Texten keineswegs um Stufen der Belohnung im Himmel geht, sondern einfach um das ewige Leben.2
Ich behaupte, dass wir die Bedeutung des Textes oft nicht verstehen, wenn wir den Unterschied zwischen ewiger Erlösung und ewiger Belohnung nicht erkennen.
Ich habe zwei Beispielpassagen ausgewählt, die ich untersuchen möchte. In jedem Fall werde ich zwei Auslegungen vorstellen: eine, die den Text so versteht, dass es um die ewige Erlösung geht, und eine, die ihn so versteht, dass es um die ewige Belohnung geht.
II. Zwei Testpassagen
A. 1 Korinther 9,24-27
24 Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis [βραβεῖον, brabeion] erlangt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt! 25 Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligt, ist enthaltsam in allem — jene, um einen vergänglichen Siegeskranz zu empfangen, wir aber einen unvergänglichen. 26 So laufe ich nun nicht wie aufs Ungewisse; ich führe meinen Faustkampf nicht mit bloßen Luftstreichen, 27 sondern ich bezwinge meinen Leib und beherrsche ihn, damit ich nicht anderen verkündige und selbst verwerflich werde.
1. Die Sicht des ewigen Heils
Blomberg argumentiert, dass Paulus hier von der ewigen Erlösung sprach und dass er sich nicht sicher war, ob er sie besaß. Er schreibt:
In 1 Kor 9,25 vergleicht Paulus unser Ausharren mit dem Streben eines Athleten nach einer olympischen Krone. Aber anders als bei einem Rennen auf einer Bahn, bei dem es nur einen Sieger geben kann, sollen „wir“ [Christen] alle um „die Krone, die ewig währt“, kämpfen. Diese „Krone“ ist dasselbe wie der „Preis“ in V. 24, 27, den man nicht erhält, wenn man „disqualifiziert“ [deutsche Übersetzung hier: „verwerflich“] ([ἀδόκιμος,]„adokimos“) wird… Es geht hier um ewiges Leben und Tod, nicht um Abstufungen der Belohnung.
Ein zu einfaches Verständnis der „ewigen Sicherheit“ hat wahrscheinlich viele Christen dazu verleitet, daran zu zweifeln, dass Paulus ernsthaft in Erwägung gezogen haben könnte „nicht in den Himmel zu kommen“. Die wahre reformierte Lehre erkennt jedoch an, dass Heilige diejenigen sind, die ausharren. Kein biblischer Text bietet Heilssicherheit für Menschen, die Christus schamlos verleugnen, ohne anschließend Buße zu tun. Anthony Hoekema fasst den Sinn von 1 Kor 9,26-27 recht gut zusammen: „Nur wenn er sich weiterhin selbst disziplinierte, fühlte sich Paulus berechtigt, seine geistliche Sicherheit in Christus zu beanspruchen. Er wagte es nicht, diesen Segen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn er in seinem täglichen Kampf gegen die Sünde nachlässig und träge sein würde. Und das dürfen wir auch nicht.“3
2. Die Sicht der ewigen Belohnung
Es besteht ein großer theologischer und praktischer Unterschied zwischen der Sicht des ewigen Heils und der Sicht der ewigen Belohnung. Nach der letzteren Ansicht war Paulus sicher, dass er ewiges Leben hatte, aber er war nicht sicher, dass er von Christus an Seinem Richterstuhl anerkannt werden und die Belohnungen erhalten würde, die mit dieser Anerkennung einhergehen.5
Hodges schreibt zu dieser Stelle:
Paulus vergleicht das christliche Leben mit einer Rennbahn, bei der kein Läufer automatisch gewinnt, nicht einmal er selbst…
Auch hier gibt es keinen Gedanken an den Verlust des ewigen Lebens. Ein solcher Verlust ist unmöglich, wie unser Herr selbst deutlich gemacht hat. Aber der Apostel kann sich durchaus die Möglichkeit vorstellen, dass sogar er – ein Prediger für andere – die Belohnung verlieren könnte, die Gott erfolgreichen Läufern gewährt…
Kein christliches Leben kann als erfolgreich bezeichnet werden, solange es nicht erfolgreich endet. Das Rennen ist nicht vorbei, nur weil wir es seit Jahren laufen.“4
B. Philipper 3,11, 14
11 damit ich zur Auferstehung aus den Toten gelange. … 14 und jage auf das Ziel zu, den Kampfpreis [βραβεῖον, brabeion] der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
1. Die Sicht des ewigen Heils
„Das Problem des Zweifels in Philipper 3,11“ ist der Titel einer Dissertation, die am Dallas Seminary verfasst wurde und diese Perspektive aufgreift.5 Der Autor, William R. Johnson, sagt: „Man kann nie absolut sicher sein, dass man bis zum Ende durchhalten wird“6
Er fährt fort: „Es kann eine relative Gewissheit für ein solches Ausharren geben. Paulus drückt dies in Philipper 3,11 aus. Er hatte gesehen, was Christus bisher in seinem Leben getan hatte.“7
Da er aus reformierter Sicht schreibt, versichert Johnson dem Leser, dass „der Verlust der Gewissheit, wie er in dieser Arbeit behandelt wird, nie mehr bedeuten kann, als dass eine Person nie das Heil besessen hat.“8
Johnson schließt: „Paulus trachtet nach Heiligung, ob er vielleicht [somit] die Auferstehung von den Toten erreichen könnte. Solange seine Einstellung immer auf das Ziel und das dafür erforderliche Streben ausgerichtet ist, kann er relativ sicher sein, es zu erreichen. Sollte er jemals aufhören zu laufen und sich auf seinen gegenwärtigen Errungenschaften ausruhen oder sollte er einen Lebensstil der gewohnheitsmäßigen Sünde beginnen, wäre dies ein Hinweis darauf, dass er Gott nicht wirklich kennen würde.“9
2. Die Sicht der ewigen Belohnung
Eine Dissertation mit dem Titel „The Out-Resurrection of Philippians 3:11“ („Die Besser-als-Auferstehung in Philipper 3,11“) nimmt die Interpretation der Belohnung an.10 Der Autor, Phil R. Williams, sagt darin:
[ἐξανάστασις] „Exanastasis“ kommt außer in Philipper 3,11 noch an drei weiteren Stellen [im NT] vor. In jedem dieser drei Fälle … [spricht] es von einer besonderen, ausgewählten, begrenzten Auferstehung. In Philipper 3,11 wird es metaphorisch mit der gleichen Bedeutung verwendet. Es ist dasselbe wie die “bessere Auferstehung” in Hebräer 11,35 und ist die Auferstehung zu größerer Herrlichkeit und höherem Lohn, die auf der Grundlage der Treue zu Christus und der Ähnlichkeit mit Ihm gewonnen wird.11
Es gibt eine Variante dieser Auslegung. Ich habe an anderer Stelle (The Grace Evangelical Society News, August 1991) argumentiert, dass es in Vers 11 nicht direkt um die ewige Errettung oder den ewigen Lohn geht. Paulus hoffte, hier und jetzt eine Lebensqualität zu erlangen, die die Auferstehungskraft manifestiert. Er wollte in der Gegenwart so leben, wie er in der Ewigkeit leben würde (vgl. Hebr 12,14).
Nach dieser Auffassung ist das Thema der ewigen Belohnung immer noch präsent. In V. 14 weist Paulus darauf hin, dass er danach strebt, Christus in seiner Erfahrung zu erkennen und jetzt ein Leben nach Art der Auferstehung zu erlangen, damit er den Preis („brabeion“, vgl. 1 Kor 9,25) der himmlischen Berufung Gottes in Christus empfängt. Dieser Preis ist, wie in 1 Kor 9,24-25, die Anerkennung Christi und die Belohnungen, die mit dieser Anerkennung einhergehen.
C. Welche Sichtweise unterstützt der Text?
Es gibt mehrere gewichtige Gründe, die dafür sprechen, dass die Sicht von Belohnung das beste Verständnis der Texte in unseren Testpassagen ist.
Erstens verlangt die Heilsauffassung die Schlussfolgerung, dass Paulus sich seiner eigenen Errettung nicht sicher war. Das ist jedoch unmöglich, es sei denn, es liegen eindeutige Belege für einen völligen geistigen Zusammenbruch von Paulus vor. Natürlich gibt es weder im Neuen Testament noch in der außerbiblischen Literatur Hinweise darauf, dass Paulus einen schweren Zusammenbruch erlitten hat.
Paulus kam zum Glauben an Christus durch eine dramatische Begegnung mit dem auferstandenen Herrn (Apg 9,3-6; 22,6-16). Er machte deutlich, dass er das Evangelium von Jesus selbst empfangen hatte (Gal 1,12). In seinen Briefen beteuerte er wiederholt, dass er an Christus glauben würde, und dass er das ewige Leben habe und es niemals verlieren könne. Seine Gewissheit über seine Stellung bei Gott gründete sich auf seinen Glauben an die Verheißungen Gottes:
38 Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Römer 8
16 [doch] weil wir erkannt haben, dass der Mensch nicht aus Werken des Gesetzes gerechtfertigt wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, so sind auch wir an Christus Jesus gläubig geworden, damit wir aus dem Glauben an Christus gerechtfertigt würden und nicht aus Werken des Gesetzes, weil aus Werken des Gesetzes kein Fleisch gerechtfertigt wird.
Galater 2
7 Es ist ja nur recht, dass ich so von euch allen denke, weil ich euch im Herzen trage, die ihr alle sowohl in meinen Fesseln als auch bei der Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums mit mir Anteil habt an der Gnade.
Philipper 1
12 indem ihr dem Vater Dank sagt, der uns tüchtig gemacht hat, teilzuhaben am Erbe der Heiligen im Licht.
Kolosser 1
12 Aus diesem Grund erleide ich dies auch; aber ich schäme mich nicht. Denn ich weiß, an wen ich glaube, und ich bin überzeugt, dass er mächtig ist, das mir anvertraute Gut zu bewahren bis zu jenem Tag.
2 Timotheus 1
4 an Titus, [mein] echtes Kind nach unserem gemeinsamen Glauben: Gnade, Barmherzigkeit, Friede [sei mit dir] von Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus, unserem Retter!
Titus 1
5 da hat er uns — nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hätten, sondern aufgrund seiner Barmherzigkeit — errettet durch das Bad der Wiedergeburt und durch die Erneuerung des Heiligen Geistes,
Titus 3
Siehe auch Röm 4,23-25; 1 Kor 3,9-15; 2 Kor 5,1-21; Gal 1,12; 2,4-10; 1 Thess 2,4; 2 Tim 2,11-13.
Darüber hinaus bezeichnete sich Paulus in seinen Briefen an die Gemeinden als Apostel Jesu Christi (vgl. Röm 1,1; 1 Kor 1,1; 2 Kor 1,1; Gal 1,1; Eph 1,1; usw.). Sicherlich wusste er, dass es keine unerlösten Apostel gab (vgl. 1 Kor 12,1-31, besonders V. 28)! Ebenso sicher ist, dass er sich nicht als Apostel bezeichnet hätte, wenn er Zweifel daran gehabt hätte, ob er gerettet war oder nicht!
Jede Ansicht, die die Schlussfolgerung erfordert, dass Paulus sich seiner Errettung nicht sicher war, sollte allein auf dieser Grundlage abgelehnt werden.
Zweitens passt der Begriff „βραβεῖον; brabeion“, der im NT nur in unseren beiden Testpassagen verwendet wird, ganz natürlich zur Interpretation der ewigen Belohnung. „Brabeion“ bedeutet einen Preis. Dieser Preis kann mit dem verglichen werden, den die Teilnehmer an einem sportlichen Wettkampf gewinnen (vgl. 1 Kor 9,24-25). Die Verlierer eines Wettkampfs wurden nicht hingerichtet. Sie wurden nicht aus dem Reich, in dem sie lebten, ausgeschlossen. Sie büßten nicht ihre Staatsbürgerschaft ein. Sie verpassten jedoch den Preis und die besonderen Privilegien, die damit verbunden waren.
Drittens: Die Behauptung, dass „Streben erforderlich [ist], um [das Ziel des ewigen Heils] zu erreichen“, wie die Heilsauffassung nahelegt, erfordert, dass Paulus seiner Lehre von der Rechtfertigung durch Glauben ohne Werke völlig widerspricht. Sicherlich würde Paulus dem Evangelium, das er predigte, nicht widersprechen. Er war fest entschlossen, seine Reinheit zu bewahren (vgl. Gal 1,6-9; 5,12).
Viertens appelliert die Heilsauffassung an die Theologie vor der Exegese. Blomberg gibt zu, dass sein Verständnis von 1 Kor 9,24-27 von dogmatischen Erwägungen beeinflusst ist: „Die wahre reformierte Lehre erkennt an, dass Heilige diejenigen sind, die ausharren.“ Dies führt ihn zu folgendem Syllogismus:
Alle Christen sind beharrlich [bis zu Ende].
Paulus war sich nicht sicher, ob er durchhalten würde.
Schlussfolgerung: Paulus war sich nicht sicher, ob er ein Christ war.
Der Syllogismus scheint hieb- und stichfest zu sein. Er ist jedoch fehlerhaft, weil eine der Prämissen falsch ist. Nicht alle Christen bleiben standhaft. In der Tat deutet 1 Kor 9,24-27 darauf hin, dass das Ausharren weder automatisch noch garantiert ist.
Wir wenden uns nun den verschiedenen Problemen zu, die sich aus der Fehlinterpretation von Passagen ergeben, die von ewiger Belohnung handeln.
III. Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man diese Unterscheidung nicht anerkennt
A. Verzerrung der Botschaft des Evangeliums
Wenn sich Passagen wie 1 Kor 9,24-27 und Phil 3,11-14 auf die Erlangung des ewigen Heils beziehen, dann müssen die Gläubigen daran arbeiten, dies zu erlangen:
24 Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt! … 27 sondern ich bezwinge meinen Leib und beherrsche ihn, damit ich nicht anderen verkündige und selbst verwerflich werde.
1 Korinther 9
14 und jage auf das Ziel zu, den Kampfpreis [βραβεῖον, brabeion] der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
Philipper 3
Wir wissen jedoch aus vielen Stellen des Neuen Testaments, dass dies nicht der Fall ist. Die ewige Erlösung ist für den Empfänger absolut kostenlos (Joh 4,1019; Röm 3,24; 4,3-820; Eph 2,921; Offb 22,1722). Jesus hat den gesamten Preis bezahlt. Wir zahlen nichts. Wir sind in dem Moment gerettet, in dem wir Jesu Verheißung glauben, allen, die Ihm vertrauen, ewiges Leben zu schenken (Joh 5,24; 6,47).
Im Gegensatz zur ewigen Errettung sind die ewige Belohnungen nicht kostenlos. Sie werden durch geleistete Arbeit verdient. Paulus sagt in 2 Kor 5,10, dass „alle [Gläubigen] vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen, damit ein jeder empfange, was er am Leib getan hat, nach dem, was er getan hat, es sei gut oder böse“. In ähnlicher Weise sagte der Herr Jesus, Er werde „jeden nach seinen Werken belohnen“ (Mt 16,27, Hervorhebung hinzugefügt). Das ewige Heil ist nicht „nach dem, was man getan hat“, und ist nicht „nach den Werken“.
An einigen Stellen werden ewiges Heil und ewige Belohnung im selben Absatz gegenübergestellt. Zum Beispiel sagt Paulus in 1 Kor 3,14-15: „Wenn jemandes Werk, das er darauf gebaut hat, Bestand hat, wird er einen Lohn empfangen. Wenn aber jemandes Werk verbrannt wird, so wird er Schaden erleiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch wie durch Feuer.“ Der unproduktive Gläubige wird gerettet, auch wenn seine Werke verbrannt werden. Wenn jedoch die Werke eines Gläubigen die Feuerprobe überstehen, wird er zusätzlich belohnt werden. Vergleiche auch Röm 14,8-12; 2 Tim 2,11-13; Offb 22,14-17.
Da die ewige Belohnung nicht dasselbe ist wie die ewige Erlösung, widersprechen die Passagen, die die ewige Belohnung an das Ausharren in guten Werken knüpfen, nicht dem Evangelium.
Wenn man Passagen wie 1 Kor 9,24-27 und Phil 3,11-14 als Passagen versteht, die das Evangelium darstellen, verzerrt man das Evangelium, indem man suggeriert, dass fortwährende gute Werke eine Voraussetzung für den Erhalt des ewigen Heils sind.
B. Untergrabung der Gewissheit
Wenn der Apostel Paulus nicht sicher sein konnte, dass er das ewige Leben hat, kann das natürlich auch sonst niemand.
Reformierte Exegeten betrachten dies nicht als Problem. Vielmehr betrachten sie den ständigen Zweifel an der eigenen Stellung bei Gott als einen wichtigen Anstoß zum Ausharren. MacArthur schreibt zum Beispiel: „Regelmäßige Zweifel an der eigenen Errettung sind nicht unbedingt falsch. Solche Zweifel müssen ehrlich und biblisch angegangen werden“ („The Gospel According to Jesus“, überarbeitete Ausgabe, S. 214). Kurze Zeit später schreibt er:
Es ist ziemlich populär geworden, bekennende Christen zu lehren, dass sie Heilsgewissheit/-sicherheit genießen können, egal wie ihr Leben aussieht. Denn, so argumentieren einige, wenn das Heil ein Geschenk für Menschen ist, die einfach nur den Tatsachen des Evangeliums glauben, was hat dann das praktische Leben mit der Heilsgewissheit/-sicherheit zu tun? Diese Lehre ist nichts anderes als praktischer Antinomianismus. Sie ermutigt Menschen, in Heuchelei, Ungehorsam und Sünde zu leben, indem sie ihnen eine falsche Heilsgewissheit bietet (S. 215).
Da die Heilsgewissheit in der reformierten Sichtweise vom fortwährenden Ausharren abhängt, ist die Heilsgewissheit dann etwas geringer als absolute Klarheit darüber, geringer als Sicherheit der eigenen Errettung.
Solange jemand auf seine Werke schaut, um festzustellen, ob er gerettet ist oder nicht, wird er nie sicher sein können, dass er ewiges Leben hat. Wenn man den Unterschied zwischen ewiger Errettung und ewiger Belohnung nicht erkennt, ist die Gewissheit [bezüglich eigener ewigen Bestimmung] verloren.
C. Unangemessen motivierender Gehorsam
Wie bereits erwähnt, werden Zweifel an der eigenen Errettung als wichtige Motivation für diejenigen angesehen, die nicht zwischen ewiger Errettung und ewiger Belohnung unterscheiden. Eine solche Motivation ist jedoch sehr fehlerhaft.
Gläubige sollten keine Angst davor haben, in die Hölle zu kommen. Jesus garantiert allen, die Ihm vertrauen, ewiges Leben (Joh 6,47). Paulus verkündet, dass es nichts gibt, was uns von der Liebe Gottes in Christus trennen kann (Röm 8,38-39). Es ist unmöglich, sich Christus wegen des ewigen Leben anzuvertrauen und gleichzeitig zu befürchten, in die Hölle zu kommen. Beides ist unvereinbar.
Damit soll nicht gesagt werden, dass jemand, der an seiner Errettung zweifelt, notwendigerweise „unerrettet“ ist. Es ist leider möglich, dass echte Gläubige ihre Heilsgewissheit verlieren können (jedoch nicht ihr Heil selbst).
Die Motivation, Gott aus Angst vor der Hölle zu gehorchen, bedeutet, nach Rom zurückzukehren. Eine solche Motivation ist Gott nicht wohlgefällig, denn Er verspricht, dass diejenigen, die an Christus glauben, niemals gerichtet werden, um ihr ewiges Schicksal zu bestimmen (Joh 5,24).
Diejenigen, die den Unterschied zwischen ewiger Erlösung und ewiger Belohnung nicht erkennen, nehmen nicht nur einen falschen Beweggrund [für das eigene Handeln] an, sondern werfen auch eine richtige Motivation dazu über Bord. Die ewige Belohnung wird in der Heiligen Schrift als eine starke Motivation für Gläubige angeführt, Gott zu gehorchen. Gläubige sollten ihr Herz darauf ausrichten, einen Schatz im Himmel anzulegen (Mt 6,19-21) und mit Christus zu herrschen (1 Kor 9,24-27; 2 Tim 2,12; Offb 3,21). Während das ewige Leben ein absolut kostenloses Geschenk ist, wird die ewige Belohnung durch die geleisteten Werke verdient. Nur wer treu und fleißig bleibt, kann sich das Recht verdienen, für immer mit Christus zu herrschen (2 Tim 2,12; Offb 3,21).
IV. Eine Hermeneutik des Gnadenevangeliums
Wenn eine bestimmte Auslegung eines Textes verlangt, dass das ewige Heil durch Werke verdient oder erhalten wird, die der Gläubige tun muss, dann sollte diese Auslegung als unmöglich zurückgewiesen werden. Die Analogie des Glaubens erfordert, dass wir schwierige Texte im Licht der einfachen Texte verstehen. Es gibt viele einfache Texte, die besagen, dass das ewige Heil weder durch Werke des Gläubigen verdient noch durch sie bewahrt wird (vgl. Röm 4,4-8; Eph 2,8-9; Titus 3,5).
Wenn eine Stelle etwas eindeutig von guten Werken abhängig macht, die ein Mensch tun muss, dann zeigt die Stelle entweder die Unmöglichkeit der Errettung durch Werke (z.B. Römer 2), oder sie hat überhaupt nichts mit dem Evangelium zu tun (z.B. die beiden besprochenen Beispielstellen).
Johannes 6,28-2924 scheint eine Ausnahme zu sein, ist es aber nicht. Dort wird der Ausdruck „gutes Werk“ (Singular) rhetorisch verwendet, um sich auf den Glauben an das Evangelium zu beziehen. Die Juden dachten, sie müssten gute Werke (Plural) tun, um ewiges Leben zu erlangen. Jesus sagte, das Werk (Einzahl), das sie tun müssten, sei, Ihm zu glauben. Jesus sprach nicht von guten Werken im paulinischen Sinne. Er sprach davon, Gottes Gebot zu gehorchen, an Seinen Sohn zu glauben (vgl. Apg 5,32; 6,7; 1 Petr 2,7). Das ewige Heil ist an den Glauben gebunden, nicht an gute Werke.
Worte wie „Heil“ (sozo, soteria), „Erbe“ (kleronomeo, kleronomia) und sogar „ewiges Leben“ (aionion zoe) sind keine Fachausdrücke, die sich immer auf die ewige Errettung aus der Hölle beziehen. In einigen Fällen beziehen sie sich auf ewige Belohnungen, die sich die Gläubigen verdienen können. Siehe z.B. 1 Petr 1,5.9; Gal 5,19-21; 6,7-9.
Exegeten sollten für die Möglichkeit offen sein, dass ein bestimmter Text von ewigen Belohnungen und nicht von ewiger Errettung handelt.
V. Theologische Grundsätze, die sich aus dieser Unterscheidung ergeben
Wenn es tatsächlich einen Unterschied zwischen ewiger Errettung und ewiger Belohnung gibt, ergeben sich daraus eine Reihe von Punkten:
-
Gläubige können abfallen und tun es bisweilen auch.
-
Nicht alle werden die gleichen Erfahrungen im Reich Gottes machen. Einige werden ein erfüllteres Leben haben als andere.
-
Das Heil ist ein Geschenk, aber die Belohnungen werden verdient.
-
Das Heil kann nicht verloren gehen, aber die Belohnungen können es.
-
Die Gewissheit/Sicherheit des Heils ist absolut, aber die Gewissheit/Sicherheit der Belohnungen ist nicht absolut.
-
Es gibt kein zukünftiges Gericht über die Gläubigen, das über ihr ewiges Schicksal entscheidet. Es gibt ein zukünftiges Gericht über die Gläubigen, um die Qualität ihrer ewigen Erfüllung zu bestimmen.
VI. Schlussfolgerung
Zwei neutestamentliche Themen, die Rechtfertigung durch den Glauben und das Gericht nach den eigenen Werken, lassen sich am besten verstehen und in Einklang bringen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es im Neuen Testament eine vom Autor beabsichtigte Unterscheidung zwischen ewiger Erlösung und ewiger Belohnung gibt. Ersteres ist ein freies Geschenk, ist unabhängig von Werken und wird allein durch den Glauben empfangen. Letztere ist ein verdientes Geschenk, das von fortlaufenden guten Werken abhängt und durch Glauben und Werke empfangen wird.
Wenn wir die Unterscheidung zwischen Passagen, die sich mit der ewigen Errettung befassen, und solchen, die sich mit der ewigen Belohnung befassen, nicht erkennen, werden wir eine ganze Reihe von Texten des NT missverstehen. Außerdem ergeben sich daraus eine Reihe von praktischen Schwierigkeiten. Das Evangelium wird verstümmelt. Die Gewissheit der Errettung wird eliminiert. Und die Beweggründe für den Gehorsam werden durcheinander gebracht.
Korinther 9,24-27 und Philipper 3,11-14 zeigen, wie wichtig dieses Studium ist, und stützen die These dieses Artikels. Die biblische Unterscheidung zwischen ewiger Errettung und ewiger Belohnung ist ein Schlüssel zur richtigen Exegese.
1Judith Gundry Volf, „Paul and Perseverance: Staying In and Falling Away” [Paulus und Ausharren: Dranbleiben und Abfallen] (Louisville, KY: Westminster/John Knox Press, 1990), 283.
2Craig Blomberg, „Degrees of Reward in the Kingdom of Heaven” [Verschiedene Stufen von Belohnung im Himmelreich], Journal of the Evangelical Theological Society, June 1992, 163, Hervorhebung von ihm hinzugefügt.
3„Degrees of Reward in the Kingdom of Heaven” [Verschiedene Stufen von Belohnung im Himmelreich]; Seite 163.
4Zane C. Hodges, Absolutely Free! A Biblical Reply to Lordship Salvation [„Absolut frei! Biblische Antwort auf Herrschaftserrettung (Lordship Salvation)“], 82-83.
5William Randall Johnson, „The Problem of Doubt in Philippians 3:11” [Das Problem des Zweifels in Philipper 3,11], Dallas Theological Seminary, 1979.
6Ibid., 49.
7Ibid., 49.
8Ibid., 50.
9Ibid., 51, Unterstreichung hinzugefügt.
10Philip R. Williams, “The Out-Resurrection of Philippians 3:11” Dallas Theological Seminary, 1955.
11Ibid., 40.