Die folgende Frage wurde auf der Facebook-Seite der GES gestellt:
Ihr jüngster Beitrag [in dem das mittlere Wissen erwähnt wird] erweckt bei mir den Wunsch zu wissen, wie Sie zu Gottes Allwissenheit stehen? Halten Sie an einfachem Vorherwissen, göttlichen Dekreten, offenem Theismus oder mittlerem Wissen fest (offensichtlich nicht)? Oder gibt es etwas zwischen Calvinismus und Arminianismus?
Die Theologie der freien Gnade (FGT) ist weder dem Calvinismus noch dem Arminianismus zuzuordnen. Sie ist eine völlig andere Art, die Heilige Schrift zu betrachten.
Sowohl der Calvinismus als auch der Arminianismus lehren, dass ein Mensch an Christus glauben kann, aber wenn er nicht ausharrt, dann wird er auf ewig verdammt sein. Calvinisten sagen, dass die Person, die nicht ausharrt, beweist, dass sie nur intellektuell geglaubt hat, aber nicht wirklich gläubig war.
Die FGT sagt, dass das Ausharren nicht garantiert ist (in Übereinstimmung mit den Arminianern), aber dass der Gläubige unabhängig vom Ausharren ewig sicher ist (im Widerspruch sowohl zum Calvinismus als auch zum Arminianismus).
Lassen Sie uns nun einige dieser Konzepte im Zusammenhang mit Gottes Allwissenheit diskutieren. Das Wort Allwissenheit bedeutet in einem weltlichen Sinn, dass man alles weiß. Aber wenn es in Bezug auf Gott verwendet wird, bedeutet es mehr als das. Gott weiß nicht nur alles, was jemals geschehen ist, was gerade geschieht, und was in Zukunft geschehen wird, sondern Er weiß auch alles, was hätte geschehen können.
Einfaches Vorherwissen bedeutet, dass Gott im Voraus weiß, was geschehen wird. Das ist richtig. Sonst könnte Er nicht mit 100%iger Genauigkeit prophezeien. Die Heilige Schrift macht deutlich, dass Gott vieles von dem, was in der Zukunft geschehen wird, verursacht. Natürlich lässt Er uns einen begrenzten freien Willen. Die Menschen sündigen, aber Er hält die Sünden der Menschheit zurück. Wenn die Entrückung stattfindet, wird der Begrenzer weggenommen und die Sünde wird noch mehr zunehmen (2. Thess 2,7).
Göttliche Dekrete sind Verordnungen, die Gott ausspricht. Die FGT stimmt zu, dass Gott viele Dekrete in der Heiligen Schrift hat. Die FGT stimmt jedoch nicht damit überein, was der Calvinismus unter göttlichen Dekreten versteht. Die „Gospel Coalition“, ein calvinistisches Werk, gibt diese Definition an: „Gottes Dekret ist seine ewige Absicht, das von ihm geschaffene Universum zu regieren und alle Dinge in Christus zu vereinen. Dazu gehört auch, dass er ein Volk erwählt, das mit Christus vereint wird, während er andere den Folgen ihrer Sünde überlässt“ (siehe hier, auf Englisch). Die FGT glaubt nicht, dass Gott jemanden zum ewigen Leben erwählt. Die Erwählung in der Heiligen Schrift bezieht sich auf den Dienst, nicht auf die Wiedergeburt. Die FGT glaubt auch nicht, dass die meisten Menschen zur ewigen Verdammnis verurteilt sind, weil Gott sie nicht auserwählt hat und sie daher „den Folgen ihrer Sünde überlässt“.
Offener Theismus (auch Offenheitstheologie [opennes theology] und Theismus des freien Willens [free willl theism] genannt) ist die Ansicht, dass Gott die Zukunft nicht kennt und dass Er darüber nur fundierte Vermutungen anstellt. Sie betonen den freien Willen des Menschen so sehr, dass sie glauben, die Zukunft sei unerkennbar. Die FGT ist ein starker Gegner des offenen Theismus. Letztlich ist die Verheißung aus Johannes 3,16 in Zweifel zu ziehen, wenn Gott die Zukunft nicht kennt, obwohl Er uns in der Bibel tausende Male sagt, dass Er sie kennt und weiß, was dann geschehen wird. Die „Gospel Coalition“ führt dieses hervorragende Argument bezüglich des offenen Theismus an: „Ein Gott, der die Welt, die er geschaffen hat, nicht kennt, ist sicherlich weniger als der Herr der Bibel“ (siehe hier, auf Englisch).
Mittleres Wissen ist die Ansicht, dass Gott weiß, was unter anderen Umständen geschehen wäre. Zum Beispiel sagte Jesus, dass Er das Reich Gottes im ersten Jahrhundert eingeführt hätte, wenn Israel dazu bereit gewesen wäre (Mt 23,37-39). Er sagte auch, dass Tyrus und Sidon Buße getan hätten, wenn die Werke, die Er in Israel getan hat, dort getan worden wären (Mt 11,21). Die FGT stimmt mit der Heiligen Schrift und damit mit dem mittleren Wissen überein. Ich denke jedoch, dass der Grund, warum der Leser dachte, wir würden nicht an das mittlere Wissen glauben, darin liegt, dass wir nicht glauben, dass Gott das mittlere Wissen benutzen wird, um diejenigen zu retten, die nie an Jesus geglaubt haben, es aber unter anderen Umständen getan hätten. Die Heilige Schrift ist eindeutig: „Es ist dem Menschen bestimmt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“ (Hebr 9,27). Der Herr Jesus sagte: „Wer lebt und an Mich glaubt, wird niemals [geistlich] sterben “ (Joh 11,26a). Siehe auch Joh 8,21.24. Es gibt keine Möglichkeit für Menschen, die das Alter der Zurechnungsfähigkeit überschritten haben, wiedergeboren zu werden, nachdem sie im Unglauben gestorben sind. Was wir in einem Facebook-Post diskutierten, war die Spekulation, dass Gott mittleres Wissen nutzen könnte, um diejenigen zu retten, die im Unglauben gestorben sind, wenn sie nie von Christus gehört haben, und wenn sie unter den richtigen Umständen an Ihn geglaubt hätten. Ich nehme an, dass die meisten Menschen zum Glauben kommen würden, wenn sie eine Erscheinung des auferstandenen Herrn auf der Damaskus-Straße hätten. Außerdem könnte diese Anwendung des mittleren Wissens logischerweise auf alle ausgedehnt werden, die von Jesus gehört haben, aber keine klare Darstellung des Evangeliums gehört haben.
Ein absolutes Grundprinzip der FGT ist, dass jeder, der an Jesus glaubt, ewiges Leben hat und niemals verdammt werden wird (Joh 3,16). Der gegenteilige Grundsatz ist ebenso wahr: Wer nicht an Jesus glaubt, bevor er stirbt, wird auf ewig verdammt werden (Joh 3,18, 36).1
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1 Die Ausnahmen sind diejenigen, die vor dem Alter der Zurechnungsfähigkeit sterben, und diejenigen, die nie über ausreichende geistige Fähigkeiten zum Glauben verfügten.