In einem Kommentar zu einem Blog, den ich geschrieben habe, erhielt ich folgende Frage: „Warum sagt Paulus, dass man vergeblich glauben kann (1. Korinther 15,2)?“
Der Fragesteller scheint nicht an die ewige Sicherheit zu glauben. Er unterstellt, dass Paulus meinte, man könne an Christus glauben, wiedergeboren werden und dann trotzdem in den Hades gehen, weil sich der Glaube als vergeblich erwiesen hat, weil man nicht im Glauben oder in guten Werken verharrt.
In der Immobilienbranche gibt es drei Schlüssel zum Erfolg: die Lage, die Lage, die Lage. In der Hermeneutik, der Bibelauslegung, lauten die drei Schlüssel: Kontext, Kontext, Kontext. Die Antwort auf diese Frage wird deutlich, wenn wir uns den Kontext ansehen.
Verschiedene Kapitel in der Bibel sind durch Ein-Wort-Beschreibungen bekannt. Wir alle wissen, dass 1. Korinther 13 das Kapitel über die Liebe ist. Das Kapitel über die Buße ist Lukas 15, das Kapitel über den Glauben Hebräer 11 und das Kapitel über das Millennium Offenbarung 20. Und das Kapitel über die Auferstehung ist 1. Korinther 15.
In 1. Korinther 15,12 sagt Paulus: „Wenn aber Christus verkündigt wird, dass er aus den Toten auferstanden ist, wieso sagen denn etliche unter euch, es gebe keine Auferstehung der Toten?“ In V. 14 schreibt er: „Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist unsere Verkündigung vergeblich, und vergeblich auch euer Glaube!“ In den Versen 17-19 sagt er: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; dann sind auch die in Christus Entschlafenen verloren. Wenn wir nur in diesem Leben auf Christus hoffen, so sind wir die elendesten unter allen Menschen!“
Vers 2 ist eine Parallele zu den Versen 14 und 17-19. Wenn Christus nicht von den Toten auferstanden ist, dann ist der Glaube an Ihn vergeblich, leer, sinnlos, bedauernswert. Es gibt kein ewiges Leben, wenn es keine Auferstehung der Toten gibt.
Dieses Verständnis von 1.Kor.15,2 wird von vielen Kommentatoren anerkannt. Im Folgenden einige Beispiele:
Die Ablehnung der leiblichen Auferstehung höhlt „das Evangelium“ aus und macht den Glauben vergeblich (eikē, „ohne Grund“ oder „ohne Erfolg“; vgl. V. 14, 17), weil er ein unwürdiges Ziel hat (vgl. 15,13, 17).
— Dave Lowery, 1. Korintherbrief in BKC, S. 542.
…wenn ihre derzeitige Position, dass es „keine Auferstehung“ gibt, richtig ist, dann ist Christus nicht auferstanden, was wiederum bedeutet, dass sie tatsächlich vergeblich geglaubt haben. Wenn sie Recht haben, ist alles eine Lüge, und sie hören auf, als Gläubige zu existieren.
— Gordon Fee, Erster Korintherbrief, S. 721.
Ein Bedingungssatz [in dem etwas als wahr angenommen wird, um des Arguments willen], es sei denn, ihr habt tatsächlich vergeblich geglaubt ([εἰκῇ,] eikēi, altes Adverb, nur bei Paulus im N. T.). Paulus sieht diese Gefahr für sie (die Korinther), dass sie der Versuchung erliegen könnten, die Auferstehung zu leugnen.“
— A. T. Robertson, Word Pictures, s.v. 1 Cor 15:2.
Wenn es, wie die Irrlehrer in Korinth lehrten, keine Auferstehung gibt, so Paulus in V. 14, „ist unser Glaube vergeblich“; er ist eine leere, wertlose Sache. So sagt er hier, dass das Evangelium die Errettung sichert, wenn der Glaube nicht wertlos ist.
— Charles Hodge, Erster Korintherbrief, S. 312.
Abschließend möchte ich anmerken, dass ich nicht mit der Ansicht vieler Ausleger übereinstimme, dass sich die Worte durch die auch ihr gerettet werdet, wenn ihr das Wort festhaltet, das ich euch verkündigt habe“ auf die Wiedergeburt und die so genannte Lehre vom “Beharren der Heiligen“ beziehen. Die Worte ihr werdet gerettet“ stehen im Präsens. Wörtlich heißt es: durch die ihr [kontinuierlich] gerettet werdet…“.
Vergleichen Sie 1. Kor 15,2 mit Eph 2,5.8 und den Worten „ihr seid errettet“. Beide stehen im Passiv Präsens. Aber das erste ist das sogenannte Vorgangspassiv (mit „werden“ gebildet), das zweite das Zustandspassiv (mit „sein“ gebildet). Letzteres bezieht sich auf den (permanenten) Zustand nach der Wiedergeburt. Im ersten Fall ist das nicht so.
Die Errettung im Vorgangspassiv („werden-Passiv“) in 1. Kor. 15,2 ist die Heiligung, das geistliche Gesundwerden, wie auch in 1. Kor. 3,15 und 5,5 (obwohl sich diese beiden Stellen auf ein Erscheinen, im gesunden geistlichen Zustand, vor dem Richterstuhl Christi [Bema] beziehen [βῆμα, Gericht für Gerettete]).
Um geistlich gesund zu sein, müssen die Gläubigen an der Botschaft des Evangeliums festhalten, an der guten Nachricht, dass Jesus am Kreuz für unsere Sünden gestorben ist, begraben wurde, von den Toten auferstanden und vielen Zeugen erschienen ist (1. Kor. 15,3-11). Dass das Abendmahl ein zentraler Bestandteil des christlichen Gottesdienstes ist, unterstreicht diesen Punkt.
Dwight Hunt schreibt:
Außerdem ist es das Evangelium, durch das auch [die Gläubigen] gerettet werden, wenn [sie] an diesem Wort festhalten. Diese Aussage unterstreicht die Tatsache, dass das Evangelium mehr beinhaltet als die Rechtfertigung, die ewiges Leben hervorbringt; es beinhaltet auch eine tägliche Heiligung (gerettet werden), wenn die Gläubigen an dem Wort festhalten (oder darin bleiben) (vgl. Joh 8,31-32; Röm 1,15; 10,9; 1 Kor 15,2; Gal 2,20; Eph 2,10; Jak 1,21). Dieser tägliche Heiligungsprozess steht im Zusammenhang mit der Qualität des Lebens, das der Christ in der Ewigkeit verbringen wird (3,9-15; Lk 19,11-27; Röm 8,16-17; 2 Petr 1,10-11).
— Dwight Hunt, Erster Korintherbrief in TGNTC, S. 758