Zu den allerletzten aufgezeichneten Worten unseres Herrn Jesus Christus gehören diese:
Und siehe, ich komme bald und mein Lohn [μισθός, misthos] mit mir, um einem jeden so zu vergelten, wie sein Werk sein wird. (Offenbarung 22,12; fett hinzugefügt)
Dies ist eine klare und endgültige Aussage zum Thema Belohnung durch den Herrn selbst. Nicht an Belohnungen zu glauben, bedeutet, Seinen Worten nicht zu glauben. Die Grace Evangelical Society [Evangelikale Gesellschaft der Gnade] glaubt an Belohnungen!
Belohnungen und Gnade
Einige Christen sind beunruhigt über die Lehre der Belohnung, weil diese Lehre „Verdienst“ anstelle von „Gnade“ zu suggerieren scheint. Sie argumentieren, dass eine Lehre über verdienstvolle gute Werke im Widerspruch zu der Wahrheit steht, dass wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade stehen (Röm 6,14).
Diese Sichtweise ist eine schwerwiegende Fehlinterpretation der Heiligen Schrift. Sie verwechselt nämlich die Lehre von der göttlichen Gnade mit der Wahrheit der menschlichen Verantwortung.
Betrachten wir noch einmal die oben zitierten Worte Jesu. Unser Herr sagt deutlich, dass Sein „Lohn“ dem „Werk“ eines jeden Menschen entspricht. Es gibt keine Möglichkeit, der offensichtlichen Folgerung zu entgehen, dass „Belohnungen“ verdient werden.
Die Erlösung wird natürlich nicht verdient. Deshalb kann man sagen, dass es „aus Gnade … durch den Glauben“ und „nicht aus Werken“ kommt (Eph 2,8-9). Unsere Werke haben nichts damit zu tun, ob wir in den Himmel oder in die Hölle kommen. Das Heil ist ein Geschenk, und es ist absolut kostenlos. Der Glaube an Christus ist das Mittel, durch das wir dieses Geschenk erhalten.
Paulus lehrt eindeutig, dass Gnade und Werke sich gegenseitig ausschließen. Seine Worte sind wichtig:
Wenn aber aus Gnade, so ist es nicht mehr um der Werke willen; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade; wenn aber um der Werke willen, so ist es nicht mehr Gnade, sonst ist das Werk nicht mehr Werk. (Römer 11,6)
Angesichts dieser klaren Aussage sollten wir es nicht wagen, die biblische Lehre über Belohnungen mit der Wahrheit von Gottes bedingungsloser Gnade für uns zu verwechseln. Wenn wir behaupten, dass Belohnungen „aus Gnade“ sein müssen, dann sagen wir, dass sie nichts mit „Werken“ zu tun haben können. Aber wenn wir das sagen, widersprechen wir den Worten unseres Herrn, die Seinen „Lohn“ mit dem „Werk“ eines jeden Menschen in Verbindung bringen.
Wenn wir versuchen, Werke im Sinne von „Gnade“ „umzudefinieren“, dann ändern wir nach Paulus den Charakter von einem oder beiden. Entweder sind das, was wir „Werke“ nennen, nicht mehr wirklich Werke, oder das, was wir „Gnade“ nennen, ist nicht mehr wirklich Gnade.
Die Herrschaftserrettung-Lehre [Lordship Salvation] veranschaulicht dieses unvermeidliche Ergebnis. Da Theologen, die die Herrschaftserrettung lehren, behaupten, dass Menschen gute Werke tun müssen, um in den Himmel zu kommen, können sie ihre Lehre nicht wirklich Erlösung durch „Gnade“ nennen. Aber natürlich behaupten sie, die Errettung aus Gnade zu lehren. Doch was sie „Gnade“ nennen, ist nach Paulus nicht mehr wirklich Gnade!
Aber Christen, die leugnen, dass die Werke, die am Richterstuhl Christi geprüft werden, wirklich auf der Grundlage ihrer geistlichen Verdienste belohnt werden, verfallen einem ähnlichen Irrtum. Sie versuchen, „Werke“ und „Gnade“ auf eine Weise zusammenzubringen, die laut Paulus unmöglich ist. Dabei entstellen sie entweder die wahre Bedeutung der Gnade oder die Bedeutung der Werke.
Hören wir noch einmal Paulus:
Wer aber Werke verrichtet, dem wird der Lohn [μισθός, misthos] nicht aufgrund von Gnade angerechnet, sondern aufgrund der Verpflichtung; (Römer 4,4)
In diesem Vers verwendet Paulus genau das gleiche griechische Wort für „Lohn“, das Jesus in Offb 22,12 verwendet. Es ist das griechische Wort „μισθός, misthos“, das im Grunde genommen „Lohn, Bezahlung“ bedeutet. Es beinhaltet eindeutig die Vorstellung, dass man bekommt, was man verdient hat. Um diese biblische Wahrheit kommt man nicht herum. Gott schenkt uns Seine Erlösung, aber Er bezahlt uns für unsere guten Werke. Diese beiden Wahrheiten zu verwechseln, bedeutet, die Lehre von der Gnade und die Lehre von den Werken in der Heiligen Schrift zu untergraben. Es ist ein Versuch, geistliche Äpfel und Birnen zu vermischen. Das Ergebnis kann nur Verwirrung über das wahre Wesen dieser beiden großen Themen in der Bibel sein.
Das soll natürlich nicht heißen, dass es keine Verbindung zwischen Gottes Gnade für uns und den Werken, die wir für Ihn tun, gibt. Natürlich gibt es einen Zusammenhang! Wir wären nicht einmal in der Lage, lohnende gute Werke zu tun, wenn wir nicht aus Gnade durch den Glauben [geistlich] erneuert [/wiedergeboren] worden wären. Der Apostel Petrus macht uns klar, dass wir im Augenblick der Errettung „alles, was zum Leben und zur Gottseligkeit gehört“, erhalten (2 Petr 1,3). Das heißt, Gott hat uns – aus Gnade – alles gegeben, was wir für ein gottgefälliges Leben brauchen.
Aber wir müssen diese Vorsorge gewissenhaft nutzen. Auch das sagt Petrus ganz deutlich:
so setzt eben deshalb allen Eifer daran und reicht in eurem Glauben die Tugend dar, in der Tugend aber die Erkenntnis… (2 Petrus 1,5).
Gott stellt uns also gnädigerweise die Mittel zur Verfügung, mit denen wir Ihm dienen können, aber die Entscheidung, Ihm zu dienen, und der Fleiß, mit dem wir das tun, sind unser Beitrag. Unsere Werke beinhalten also unsere Anstrengungen und werden belohnt.
Eine völlig passive Sicht des christlichen Lebens, bei der wir uns nicht bemühen, das Richtige zu tun oder Gott zu gefallen, hat keine Grundlage in der Bibel. Wir sind nicht nur passive Träger des Heiligen Geistes, sondern aktive Menschen, die „allen Fleiß“ anwenden müssen.
Wenn wir das tun, verdienen wir Belohnungen!
Belohnungen und Selbstsucht
Ein weiteres Problem, das einige Christen mit der Lehre von der Belohnung haben, ist, dass diese Lehre an unseren „Egoismus“ zu appellieren scheint. Solche christlichen Brüder sagen dann vielleicht, dass wir nicht auf diese Weise motiviert werden müssen. Stattdessen sollten wir alles, was wir für Gott tun, aus Liebe und Dankbarkeit für Ihn tun.
Diese Sichtweise ist jedoch mit einem ernsten Problem konfrontiert, das sie selbst betrifft. In der Heiligen Schrift wird nicht nur eine Lehre von der Belohnung gelehrt, sondern es wird uns sogar befohlen, sie anzustreben. So sagte Jesus:
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, …. Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder die Motten noch der Rost sie fressen und wo die Diebe nicht nachgraben und stehlen! Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. (Matthäus 6,19-21).
Wir können hier feststellen, dass unser Herr das Streben nach himmlischen Schätzen nicht so darstellt, als ob es freiwillig wäre. Im Gegenteil, es ist klar, dass Er möchte, dass jeder Seiner Jünger diesen himmlischen Reichtum anhäuft.
Der Grund dafür wird auch genannt. Wo auch immer unser Schatz ist, darauf wird sich unser Herz konzentrieren. Und Gott möchte, dass unsere Herzen auf den Himmel ausgerichtet sind, und deshalb wird uns befohlen, in himmlische Belohnungen zu investieren.
Gott weiß besser als wir, was unsere Herzen für Ihn fesseln wird. Offensichtlich spielen Belohnungen dabei eine wichtige Rolle.
Es mag fromm klingen, wenn jemand sagt: „Ich bin nicht an Belohnungen interessiert! Ich diene Gott allein aus Liebe und Dankbarkeit!“ Aber ein solcher Mensch behauptet, er sei erhabener motiviert als der Apostel Paulus selbst, der schrieb:
Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt! Jeder aber, der sich am Wettkampf beteiligt, ist enthaltsam in allem — jene, um einen vergänglichen Siegeskranz zu empfangen, wir aber einen unvergänglichen. So laufe ich nun nicht wie aufs Ungewisse; ich führe meinen Faustkampf nicht mit bloßen Luftstreichen, sondern ich bezwinge meinen Leib und beherrsche ihn, damit ich nicht anderen verkündige und selbst verwerflich werde (1. Korinther 9,24-27).
Offensichtlich „rannte“ Paulus nicht, um seine Rechtfertigung oder seine ewige Erlösung zu erlangen! Diese Dinge hatte er bereits durch die Gnade allein. Daraus folgt, dass Paulus von der „Belohnung“ – dem Preis – spricht, den eine Person gewinnen kann, die ein erfolgreiches Rennen läuft.
Offensichtlich ist auch Paulus hochmotiviert von dem Gedanken, diesen Preis zu gewinnen. Er widmet sich diesem Ziel mit der gleichen intensiven Selbstdisziplin, die den besten Athleten auszeichnet.
Diejenigen, die Belohnungen als eine starke christliche Motivation abtun, sollten ihr Neues Testament noch einmal lesen – diesmal mit offenen Augen!
Aber ist diese Motivation egoistisch? Wir glauben, dass keine Motivation, die vom Herrn Jesus und Seinen Aposteln gefördert wurde, jemals als „selbstsüchtig“ bezeichnet werden könnte!
Was in der Tat falsch ist, ist unsere eigene falsche Auffassung von „Egoismus“. Die Heilige Schrift lehrt uns nicht, an unserem eigenen Glück oder Wohlergehen nicht interessiert zu sein. Schon der Wunsch, der ewigen Verdammnis zu entgehen, ist ein legitimes und dringendes Eigeninteresse. Der Instinkt, unser Leben zu erhalten, ist dasselbe. Auch Vergnügen und Genuss sind keine illegitimen Erfahrungen.
Als Gott Adam und Eva in den Garten setzte, versorgte Er sie mit allen Bäumen, „die angenehm anzusehen und von denen gut zu essen ist“ (Gen 2,9). Sie konnten sich frei vergnügen, solange sie nicht von dem einen verbotenen Baum aßen. In ähnlicher Weise weist Paulus Timotheus an, den Reichen zu sagen, dass „Gott, … uns alles reichlich zum Genuss darreicht.“ (1 Tim 6,17, Unterstreichung hinzugefügt).
Egoismus sollte nicht einfach als das Streben nach unseren eigenen Interessen definiert werden. Stattdessen sollte er als das Streben nach unseren eigenen Interessen auf unsere eigene Art und Weise und nicht auf Gottes Art und Weise definiert werden. Da die „Liebe“ im Christentum eine herausragende Tugend ist, beinhaltet wahrer Egoismus oft ein Streben, das gegen das Gesetz der Liebe verstößt.
Aber niemand, der ernsthaft nach himmlischen Schätzen strebt, kann es sich leisten, lieblos zu sein. Wie Paulus in seinem großen Kapitel über die Liebe hervorhebt, sind alle scheinbar geistlichen und aufopferungsvollen Aktivitäten nichts wert, wenn die Liebe fehlt (1 Kor 13,1-3). Liebloses Tun wird am Richterstuhl Christi zweifellos in Rauchschwaden aufgehen, als wäre es nur Holz, Heu oder Stoppeln (1 Kor 3,11-15).
Nein, in der Tat! Es ist nicht egoistisch, Gott zu gehorchen, indem man nach ewigen Belohnungen strebt. Noch weniger kann es sich jemand, der dies tut, leisten, egoistisch zu sein. Denn wenn er das tut, verwirkt er genau die Belohnungen, die er zu suchen vorgibt.
Kein Wunder, dass Jakobus seine christlichen Leser dafür tadelt, dass sie den Reichen gegenüber parteiisch sind und die Armen vernachlässigen. Damit verstoßen sie gegen das „königliche Gesetz“ der Heiligen Schrift: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Jak 2,8). Ein paar Verse später gibt Jakobus seinen Mitchristen die Quintessenz mit auf den Weg:
Redet und handelt als solche, die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen! Denn das Gericht wird unbarmherzig ergehen über den, der keine Barmherzigkeit geübt hat; die Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht (Jakobus 2,12-13).
Die Lehre vom Richterstuhl Christi und von der Belohnung ist nicht nur nicht egoistisch. Sie ist eine der stärksten biblischen Motivationen für einen selbstlosen, liebevollen und barmherzigen Lebensstil!
Schlussfolgerung
Aber selbst viele Christen, die die Gnade verstehen, sind durch die Lehre von der Belohnung verwirrt, weil sie versuchen, alles zur Gnade zu machen und „Verdienst“ jeglicher Art aus der christlichen Erfahrung zu eliminieren. Wenn man sich dieser Art von Verwirrung hingibt, beraubt man sich selbst einer starken und geistlich anregenden Motivation, den Willen Gottes zu tun. Wir sollen uns wieder auf den richtigen Weg bringen. Wir sollen der Lehre von der Belohnung denselben hohen Stellenwert geben, den sie im Neuen Testament hat. Lassen Sie uns die dynamische Kraft dieser Wahrheit im Leben großer geistlicher Männer, wie Paulus selbst, neu spüren.